«Wir dürfen nicht mehr nur in klassischen Tram- und Buslinien denken»

Die Mobilität befindet sich im Wandel. Auch die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) arbeiten deshalb mit Hochdruck an neuen Mobilitätsformen und Angeboten. Wie die BVB den neuen Mobilitätsbedürfnissen ihrer Kundschaft begegnet, erklärt Milan Sedlacek, Leiter Unternehmensstab der BVB.

Von Andreas Maeder

Herr Sedlacek, was bedeutet die rasant fortschreitende Digitalisierung für die BVB? 
Die Digitalisierung bietet sowohl auf der Kundenseite als auch im Zusammenhang mit unseren internen Prozessen grosse Chancen. Die neuen Technologien bieten zum Beispiel viele interessante Möglichkeiten für neue Angebote, von denen unsere Fahrgäste in Zukunft profitieren können. 

In welche Richtung entwickeln sich die Mobilitätsangebote? 
Die meisten Leute möchten heute möglichst flexibel und unabhängig unterwegs sein. In Zukunft geben deshalb nicht nur die Fahrpläne, sondern auch die Fahrgäste den Takt vor. Diesem Bedürfnis nach Individualisierung wollen wir Rechnung tragen. 

«Die Kunden wollen heute so schnell, günstig und effizient wie möglich von A nach B kommen. Welches Verkehrsmittel sie dafür nutzen, ist für die meisten zweitrangig.»

Milan Sedlacek
Leiter Unternehmensstab bei Basler Verkehrs-Betriebe BVB

Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen? 
Die Kunden wollen heute so schnell, günstig und effizient wie möglich von A nach B kommen. Welches Verkehrsmittel sie dafür nutzen, ist für die meisten zweitrangig. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, müssen wir uns bewusst mit neuen Mobilitätsformen auseinandersetzen. Wir dürfen nicht mehr nur in klassischen Tram- und Buslinien denken, sondern müssen die BVB als gesamtheitlich denkende Mobilitätsdienstleisterin positionieren und entsprechend agieren. Dazu gehört auch, dass wir neue Verkehrs- und Mobilitätsformen im Blick haben und bei Bedarf in unser Angebot integrieren. 

Ein Beispiel hierfür ist das Projekt «yumuv», an welchem die BVB gemeinsam mit anderen Mobilitätsunternehmen teilnimmt. Worum geht es dabei? 
Unser Ziel ist es, verschiedene Mobilitäts-Abos zu entwickeln und am Markt zu testen. Unter der Voraussetzung, dass der Fahrgast ein öV-Abo besitzt, soll er zukünftig sogenannte «Mobilitäts-Bundles» kaufen können. Mit diesen können zusätzliche Verkehrsträger wie zum Beispiel Leih-Velos, E-Trottis oder zukünftig auch Cargobikes und Autos genutzt werden. Ein erstes solches Bundle wird ab August bereits in Zürich angeboten, in Basel und Bern wird der Start voraussichtlich im Herbst erfolgen. 

Vom Tram bis zum E-Trotti: Mit der neuen App yumuv können Besitzer von öV-Abos jederzeit auf unterschiedliche Verkehrsmittel zurückgreifen.

Die BVB hat die Weichen in Richtung E-Mobilität gestellt: Bis 2027 soll die gesamte Busflotte auf E-Busse umgestellt sein. Welche Herausforderungen sind mit diesem Vorhaben verbunden? 
Die Umstellung der kompletten Busflotte ist in dieser Form nicht nur für uns, sondern auch schweizweit ein einmaliger und riesiger Schritt. Eine tolle Herausforderung! Wir erfüllen damit einen gesetzlichen Auftrag des Kantons Basel-Stadt. Bei dieser Herausforderung geht es um viel mehr als «nur» um das Beschaffen von rund 120 neuen Fahrzeugen. Diese Umstellung bedeutet einen kompletten Systemwechsel und auch einen Neubau der vorhandenen Infrastruktur, also der aktuellen Busgarage.

Der erste batteriebetriebene E-Bus der BVB ist bereits seit Februar 2019 im Linienbetrieb im Einsatz. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? 
Sehr gute. Die Antriebstechnologie hat sich absolut bewährt. Mit einem Energieverbrauch von durchschnittlich 1,4 kWh pro Kilometern übertrifft der 18 Meter lange Elektrogelenkbus unsere Erwartungen sogar. Das Fahrzeug überzeugt aber nicht nur klimatechnisch, es ist auch wesentlich leiser unterwegs als unsere Dieselbusse. Auch die Rückmeldungen der Fahrgäste und des Fahrpersonals sind sehr positiv. Bis zur kompletten Umstellung auf den Elektrobetrieb liegt jedoch noch sehr viel Arbeit vor uns. 

Bis 2027 will die BVB ihre gesamte Flotte auf E-Busse umstellen. Der erste batteriebetriebene Elektrobus ist bereits in Basel unterwegs (siehe Video).

Welche Herausforderungen stehen dabei im Fokus? 
Wir müssen unsere gesamte Infrastruktur für die Zukunft rüsten. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir die genügend Ladestationen an den geeigneten Standorten platzieren. Auch die Berufsbilder innerhalb unseres Unternehmens werden sich noch stärker verändern. Bildlich gesprochen und etwas zugespitzt formuliert: Früher haben wir unsere Fahrzeuge mit dem Schraubenschlüssel instandgehalten, heute reparieren wir mit dem Laptop rollende Computer. Dies stellt auch ganz andere Anforderungen an unsere Mitarbeitenden, insbesondere auch in den Werkstätten.

Mobilität der Zukunft: Auch die Basler Verkehrs-Betriebe arbeiten intensiv an Innovationen und neuen Angeboten. 

An welche Anforderungen denken Sie? 
Es ist unabdingbar, dass wir als Unternehmen und damit auch alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offen sind für neue Technologien. Zudem werden wir auch in diversen Bereichen neue Fachkräfte brauchen: So wird zum Beispiel die digitale Kommunikation zwischen den einzelnen Verkehrsträgern in Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch im Bereich des Datenmangements werden wir uns in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Das ist für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung. Wir freuen uns darauf und sind überzeugt, dass wir den richtigen Weg dazu eingeschlagen haben. 

Braucht es im Jahr 2027 noch Fahrpersonal? 
Auf jeden Fall! Auch wenn autonomes Fahren heute schon in aller Munde ist, wird es gerade im komplexen städtischen Umfeld auch in Zukunft Menschen brauchen, die unsere Fahrzeuge steuern. Gleichwohl werden unsere Fahrzeuge bezüglich Technik, Leistung und Energieeffizienz natürlich immer besser. Dank modernen Assistenz- und Kollisionswarnsystemen dürfte der Verkehr in Zukunft zudem noch sicherer werden. Und davon profitieren letztlich wir alle. 

 

Hinweis: 
Weitere Infos zum Bussystem 2027 der BVB gibt es auf der Webseite des Unternehmens.
https://www.bvb.ch/de/aktuelle-informationen/e-bus/