Das Digitale Zuhause: Wohnen Sie schon Smart?

Lange galt der Kühlschrank, der die zur Neige gehende Milch selbst nachbestellt, als Paradebeispiel für das Smart Home. Dabei steht er nur für einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten, welche die Technologie bereits heute bietet. Denn neben mehr Komfort für die Bewohner verspricht das digitalisierte Zuhause auch mehr Sicherheit und niedrigere Betriebskosten.

Von Andreas Maeder

Im Kern der Entwicklung steht das Internet of Things (IoT): Auch wenn ihre Namen das oft suggerieren, sind die wenigsten Geräte für sich alleine «smart» - ihre Intelligenz beziehen aus ihrer Anbindung ans Internet und damit die Koppelung an andere Geräte, meist unter Nutzung des lokalen WLAN. Unter anderen lässt sich damit der Stromverbrauch aller Geräte im Haushalt übersichtlich darstellen; allfällige «Stromfresser» sind so schnell aufgespürt. Hat man vergessen, das Licht im Badezimmer zu löschen, kann dies auch noch auf dem Weg ins Büro auf dem Smartphone nachgeholt werden. In einem weiteren Schritt wird früher oder später auch das «Predictive Maintenance»-Prinzip aus der industriellen Fertigung im Smart Home Einzug halten: Statt darauf zu warten, dass ein nennenswerter Schaden auftritt, werden Haushaltsgeräte der Zukunft rechtzeitig melden, wenn Wartungsbedarf besteht. Oder gleich einen Termin mit dem Handwerker vereinbaren - ganz wie es den Vorlieben des Nutzers entspricht. Solche Anwendungsformen sind nicht nur für Eigenheimbesitzer und Mieter spannend, sondern vor allem für Immobilienbewirtschafter, die ihre Betriebskosten gezielt senken können.

Digitalisierung für mehr Bequemlichkeit

Mehr Komfort: so lautet ein weiteres Versprechen des intelligenten, weil digitalisierten, Heims. Unter diesen Punkt fallen zentrale Licht- und Temperatursteuerungen, aber auch das Multimedia-System für das ganze Haus, welches sich über Smartphone oder Spracherkennung bedienen lässt. Und natürlich bleibt die Technik nicht stehen: Längst arbeiten Hersteller beispielsweise an intelligenten Fensterfolien, die sich mit dem WLAN verbinden lassen und auf Knopfdruck zwischen vollständiger Transparenz und komplettem Sichtschutz wechseln können. Erfolgreich werden dabei nur solche Neuentwicklungen sein, die sich an realen Nutzerbedürfnissen orientieren. «Perfekte Produkte für nichtexistente Probleme zu entwickeln» - das gelte es in jedem Fall zu vermeiden, brachte es Andreas Haug vom Risikokapitalgeber eVentures an der diesjährigen IFA in Berlin gegenüber der Süddeutschen Zeitung auf den Punkt. Dass Google (Home), Amazon (Alexa) und Apple (Homekit) mittlerweile eigene Steuersysteme für vernetzte Produkte anbieten, wird sich als markanter Entwicklungstreiber erweisen: Die drei grossen Digital-Player werden sich, anders als manch reiner Technik-Anbieter, auf das Kundenerlebnis und den Nutzen konzentrieren.

Sicherheit - aus zwei Perspektiven

Aktuell stehen bei vielen Anwendern die Möglichkeiten im Vordergrund, welche das Smart Home in Bezug auf die Sicherheit bietet. Bewegungsmelder, Kameras, Direktübertragung aufs Handy - solche Funktionen scheinen einem Bedürfnis vieler Menschen Rechnung zu tragen. Ein wirklich intelligentes Zuhause leistet noch mehr und «kümmert sich» etwa um ältere Bewohner, indem es sie an Medikamente erinnert oder überwacht, ob sie allenfalls gestürzt sind und Hilfe benötigen. Doch während das Smart Home einerseits mehr physische Sicherheit verspricht, erhöht es andererseits das digitale Schutzbedürfnis. Wer die Daten seiner Einkäufe, seiner Gewohnheiten oder seiner Gespräche via Siri an einem zentralen Ort bündelt, wird auch angreifbar und muss sich entsprechen schützen. Eine Gewährleistung der Datensicherheit dürfte über kurz oder lang zu seinem wichtigen Verkaufsargument der unterschiedlichen Anbieter werden.

Digitalisierung hat gerade erst begonnen

Die Digitalisierung beeinflusst beinahe all unsere Lebensbereiche, in manchen Fällen sprechen wir zu Recht von einer regelrechten Revolution. Da verwundert es nicht, dass auch unser Wohnen neuen Einflüssen unterliegt. Dabei reichen die Auswirkungen der Digitalisierung wesentlich weiter, als es derzeit offensichtlich ist. Die Vernetzung der Geräte im Haushalt ist dabei nur der Anfang. Ganze Häuser lassen sich mittlerweile mithilfe eines 3-D-Druckers erstellen. Vielleicht drucken wir künftig sogar je nach Bedarf ganz einfach einen neuen Grundriss für die Wohnung aus, in Form von Wänden, die an beliebigen Stellen gesetzt werden können. Welche Möglichkeiten die Digitalisierung uns in Zukunft noch eröffnen wird, lässt sich nur begrenzt vorhersehen. Welche Trends sich dabei durchsetzen, ist noch schwieriger zu prognostizieren. Mit grosser Sicherheit darf man aber davon ausgehen, dass jene Anbieter erfolgreich sein werden, deren Produkte sich am einfachsten und anwenderfreundlichsten mit anderen Systemen koppeln lassen. Und deren Entwicklung durch Technologie möglich, aber durch Kundenbedürfnisse getrieben wird. Wir leben in einer spannenden Zeit.